Während Roland Diethelm am Transruinaulta und Transviamala zum fünften Mal als Schluchtenkönig startet, stellt sich seine Tochter erstmals der Herausforderung der Schluchtenprinzessin. Die beiden Sportbegeisterten aus dem Appenzellerland trennen 40 Jahre, allgemein sind sie sich aber sehr nahe. Und haben stets den Durchblick.
«Ich liebe Etappen-Läufe», sagt Roland Diethelm. Am Transruinaulta und Transviamala zählt er zu jenen ungefähr 160 Teilnehmenden, welche an den beiden Tagen jeweils die längere Distanz absolvieren. Konkret: den Transruinaulta maraton über 42,2 Kilometer und 1800 Höhenmeter sowie den Transviamala trail, auf welchem es auf den 19 Kilometern 1000 Meter auf- und 687 Meter abwärts geht. Total warten auf Roland Diethelm und die anderen Schluchtenkönig-Läufer und -Läuferinnen also rund 61 Kilometer mit kumulierten 2800 Höhenmetern. Diese führen die besonders Ausdauernden von Ilanz durch die urtümliche Rheinschlucht zum Etappenort Thusis und von dort weiter durch die mystische Viamala-Schlucht nach Donat.
«Weil Papi mitmacht und ich mich gerne neuen Herausforderungen stelle», sagt Ronja Diethelm angesprochen auf die Motivation, sowohl am Transruinaulta als auch am Transviamala zu starten. Im Gegensatz zu ihrem Vater absolviert sie wie rund 120 weitere Läuferinnen und Läufer jeweils die curta-Strecke: 24 Kilometer und 780 Höhenmeter am Samstag, 11,5 Kilometer mit 565 Steigungs- und 252 Gefällemetern am Sonntag. Dies im Alter von nicht einmal 18 Jahren und als jüngste Starterin in dieser Kombinationswertung. Auch für Ronja Diethelm und die anderen Schluchtenprinzessinnen sowie Schluchtenprinzen geht es durch die Rhein- und die Viamala-Schlucht. Am ersten Tag befindet sich ihr Ziel allerdings schon in Rhäzüns, der Start zur zweiten Etappe erfolgt für sie ebenfalls in Thusis.
Motivation für noch grössere Herausforderungen
An den Schluchtenläufen ist Roland Diethelm bereits das siebte Mal dabei. 2012 und 2013 meisterte er jeweils den Transviamala trail, 2014, 2016, 2018 und 2019 zusätzlich den Transruinaulta maraton. Welche Erinnerungen hat er an die vier Doppelstarts? «Sehr schöne, insbesondere in Bezug auf die tollen Strecken, das Wetterglück und die perfekte Organisation.» Die Schluchtenkönig-Läufe hätten ihn sogar zur Teilnahme am Transalpine Run 2017, welcher an sieben Tagen über knapp 270 Kilometer und 15 500 Höhenmeter führte, sowie zu zwei Starts (2020 und 2021) an der dreitägigen und mehr als 90 Kilometer langen und mit 5300 Höhenmeter gespickten Swiss Trail Tour in der Lenk im Berner Oberland motiviert.
Weshalb startete Roland Diethelm vor 13 Jahren zum ersten Mal am Transviamala trail und stellte er sich 2014 erstmals der Herausforderung der Schluchtenkönig-Wertung? «2012 war der Transviamala ein Hauptlauf in unserer Läufergruppe vom TV Teufen – ein Grund dabei zu sein. Das Rennen gefiel mir sehr, und weil ich damals schon gerne Bergmarathons absolvierte, kam das Format Schluchtenkönig gerade richtig.» Ronja Diethelm gab ihren Einstand am Transviamala anlässlich der Cursa da lumpazis 2016. Nachdem sie den Hindernisparcours für die Jüngsten auch 2017 absolviert hatte, beteiligte sie sich 2018 und 2019 an der Cursa da juniors. «Es waren zwei schöne, aber auch strenge Läufe», erinnert sie sich.
Während Roland Diethelm über die Strecken des Transruinaulta maraton und des Transviamala trail bestens Bescheid weiss, betritt dessen Tochter Neuland. «Ich kenne keinen einzigen Abschnitt», sagt Ronja Diethelm. «Dies ist aber kein Nachteil; ich mag mir unbekannte Strecken.» In erster Linie freut sie sich denn auch auf für sie neue Trails. Ihr Vater ist voller Vorfreude auf die Rheinschlucht. Ebenfalls unterschiedlich sind ihre Erwartungen. Roland Diethelm nennt «zwei schöne Läufe bei schönem Wetter», Ronja Diethelm «viel Spass und gute Stimmung». Als grössten Reiz beim Doppelstart erwähnt sie «am Sonntag nicht nur körperlich fit zu sein, sondern auch mental stark zu bleiben». Roland Diethelm lockt «die Herausforderung, auch am Sonntag noch fit zu sein».
Bis zu sechs Lauftrainings pro Woche
Zwei Starts an einem Wochenende erfordern eine gehörige Vorbereitung. Roland Diethelm schnürt drei- oder viermal pro Woche die Laufschuhe und macht zusätzlich zweimal Stabilitäts- und Krafttraining. Letzteres trifft auch auf Ronja Diethelm zu, die daneben auch vier bis sechs Laufeinheiten absolviert. Einzelne längere Trainings machen die Beiden zusammen im Alpsteingebiet. Daneben beteiligen sie sich an mehreren Veranstaltungen. Roland Diethelm mag Ultratrail-Läufe über 45 bis 65 Kilometer und setzt sich diese als Hauptziel für seine Trainings. Speziell locken ihn «neue Trail-Rennen in anderen Gegenden oder Laufwochenenden mit Freunden». Zusätzlich bestreitet er kürzere Läufe im Appenzellerland und in nahegelegenen Kantonen.
Ronja Diethelm probiert gerne Verschiedenes aus. «Von fünf Kilometer bis zum Halbmarathon kommt alles vor.» Bis zum letzten Jahr war sie noch auf der Tartanbahn unterwegs, heuer legte sie den Fokus auf Strassen- und Trailläufe. Was bedeutet ihr denn das Laufen und insbesondere Trailrunning? «Natur und Berge sind Energieorte», sagt die Besucherin der Fachmittelschule an der Kantonsschule in Trogen. Und ihrem Vater? «Freude und Spass, Erholung und Abschalten vom Arbeitsalltag», sagt der Inhaber des Brillehus Diethelm in Teufen. Unter seiner Geschäftsbezeichnung läuft Roland Diethelm, wie auch seine Tochter, am Transruinaulta und am Transviamala. Dabei tragen beide Kontaktlinsen, während es im Alltag eine Brille ist. «So haben wir immer den Durchblick», sagen die beiden unisono und mit einem Schmunzeln.
Regeneration im Mineralbad bei Halbzeit
Auch wenn sie zahlreiche Stunden ins Laufen und speziell ins Trailrunning investieren: Roland und Ronja Diethelm bleibt Zeit für Anderes. Vor allem nutzen sie diese für Sport, konkret Wandern, Biken, Rennrad- und Skifahren sowie Langlaufen. Ronja Diethelm liest ebenfalls gerne und trifft sich immer mal wieder mit Freundinnen und Freunden. Ihr Vater mag feines Essen, ein gutes Glas Wein sowie unterhaltsame und gemütliche Gesellschaft. Am Schluchtenlauf-Wochenende wird dies etwas zu kurz kommen. Dafür geniesst der 58-Jährige mit seiner Tochter Anderes. Insbesondere das Regenerieren im Mineralbad Andeer nach dem Transruinalta. «Die Schluchtenläufe, das Thermalbad und das Hotel Fravi gehören einfach zusammen», sagt Roland Diethelm, «und bilden eine reizvolle Kombination».